Island – Faszination pur

Hans Peter Roth | 19.10.2016

Ob Fussball-Europameisterschaft, neuer Präsident ohne Partei oder erwarteter Vulkanausbruch: Island mit seinen nur 330'000 Einwohnern ist erstaunlich oft in den Schlagzeilen. Island elektrisiert.

Die Insel am Polarkreis weckt Emotionen, Sehnsüchte, innere Bilder. Farbenspiele, klare Luft, Wind, Wetter, Weite, Wellen, Wale, Wasserfälle – Wärme! Auf der grössten Vulkaninsel der Erde ist Erdwärme immer ganz nah. So nah, dass in der Hauptstadt Reykjavík ganze Strassenzüge gegen Glätte beheizt werden. Die Wärme, die in Form von Dampf und heissem Wasser buchstäblich im Überfluss aus dem Boden sprudelt, ermöglicht sogar den Anbau von ropenfrüchten auf 65 Grad Nord – natürlich in Treibhäusern. Die Isländer sind ein findiges Völklein, spontan, kreativ, innovativ. «Thetta reddast» lautet eine beliebte Redensart: «Wird schon irgendwie gehen.»

FÄLLE UND FONTÄNEN

Entdeckerfreudige könnten auf dieser unglaublich vielfältigen und kontrastreichen Insel, die mit ihren gut 100'000 Quadratkilometern etwa zweieinhalbmal so gross ist wie die Schweiz, Monate verbringen und doch Tag für Tag auf neue atemberaubende Sehenswürdigkeiten stossen. Aber auch eine Stippvisite von wenigen Tagen, etwa auf dem Weg nach Grönland, erlaubt unvergessliche Eindrücke von einigen der berühmtesten Anziehungspunkte auf der zweitgrössten Insel Europas.

Zum Beispiel eine Tagestour von Reykjavík aus zum «Goldenen Dreieck». Die Reise führt zuerst zum Thingvellir (Þingvellir) Nationalpark und Unesco-Welterbe, etwa 40 Kilometer östlich von Reykjavík am Nordufer des grössten Sees Islands, dem Þingvallavatn. Thingvellir ist die Wiege eines der ältesten Parlamente der Welt und gleichzeitig auch für seine Naturschätze und Geologie berühmt. Danach geht es weiter zum «Strokkur», am Weissen Fluss gelegen. Alle acht bis zehn Minuten stösst der wohl bekannteste Geysir Islands eine dampfende Wasserfontäne 20 Meter in die Luft, oft auch deutlich höher. Dem Weissen Fluss folgend erreicht man schliesslich das dritte Ziel, den Gullfoss. In gewaltigen Mengen rauscht der «Goldene Wasserfall» über zwei Stufen 32 Meter in einen tiefen Canyon. Oft zaubert die tiefstehende Sonne einen Regenbogen in die weiss stiebende Gischt.

WAHLEN UND WALE

Unweit vom Flughafen Keflavik gelegen, eignet sich ein Bad im Thermalwasser der berühmten Blauen Lagune bestens, um die berückenden Reiseeindrücke nochmals Revue passieren zu lassen. «Hast du gewusst, dass sich die isländischen Politiker bei Kontroversen hier beim gemeinsamen Baden oft gut einigen?» Die Stimme meines Badenachbars, der spontan das Gespräch sucht, holt mich aus der Träumerei. «Ich bin Gudmundur.» In Island sind alle per Du. «Und weisst du, dass wir extra eine Wahlurne an die EM nach Frankreich schafften, damit auch unsere Fussballfans dort unseren neuen Präsidenten wählen konnten?» Der bärtige Mittfünfziger blinzelt freundlich. «Wir finden immer gute Lösungen. Und unsere Erfolge an der EM! Das macht Freude, das eint!» Gespalten sind die Isländer hingegen, wenn es um den Walfang geht, räumt Gudmundur ein und macht seine Haltung klar: «Die Waljagd hier ist fast so etwas wie das Hobby eines einzelnen verrückten Industriellen, der eigene Millionen in diese Flotte pumpt. Sowas brauchen wir nicht. Bald gibt’s das nur noch in den Geschichtsbüchern. Waltourismus macht viel mehr Sinn.»

Gudmundur kennt sich aus. «Mit dem arktischen Meer im Norden und dem etwas weniger kalten Nordatlantik im Süden der Insel mischen sich hier zwei unterschiedliche Gewässer. Ihre nährstoffreichen Strömungen locken einen enormen Fischreichtum an. Und damit rund 20 verschiedene Walarten. Die blauen Augen des Isländers leuchten. «Ich war selber schon mehrmals zum Whale Watching draussen. Sichtungen sind fast garantiert!» Er empfiehlt eine Ausfahrt zur Beobachtung von Walen oder Delfinen ausgehend vom Hafen in Reykjavíks Stadtzentrum. «Oder von Húsavík, an unserer spektakulären Nordküste. Das sollte sich kein Naturfreund entgehen lassen!


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