Dunkle Wälder und helle Küsten – kontrastreiches Norwegen

Peter Krebs | 15.12.2016

In einem berühmten Gedicht wird Oslo als Tigerstadt bezeichnet. Im milden Sommer hat Oslo aber nichts Gefährliches an sich. In ihrem Norden breitet sich die Nordmarka aus, die aus Wald und Seen besteht und im Süden der helle Oslofjord.

Nordmarka, so heisst die riesige Naturlandschaft, die sich nördlich von Oslo ausdehnt. Sie besteht aus duftenden Nadelwäldern, Vogelgezwitscher, Windrauschen, unzähligen Seen und Mooren. Und das Schönste: Autofreie Kiessträsschen erschliessen dieses weite Naherholungsgebiet und machen es zum Paradies fürs ungestörte Velofahren. Eine echte Entdeckung gleich hinter der belebten norwegischen Hauptstadt. Das Gelände ist hügelig, so dass sich beim Radeln immer neue Perspektiven ergeben. Äusserst reizvoll ist der Ausblick von der abgelegenen Berghütte namens Kikustua, einem beliebten Treffpunkt für Wanderleute und Biker. Wir erreichen sie um die Mittagszeit. Der grüne Vorplatz mit den gemütlichen Tischen und Bänken aus Holz liegt direkt über dem Björnsjöen, einem silbrigglänzenden See, der zum Baden einlädt. Alles ist hier Ruhe, gute Luft, Freiheit und nördliche Gelassenheit.

Die Nordmarka hält noch eine Überraschung bereit. Von ihrem Rand aus startet die spektakulärste Velo-Einfahrt in eine Grossstadt, die ich kenne. Die Route führt entlang des Flusses Akerselva, der sich über 150 Höhenmeter und acht Kilometer ins Zentrum von Oslo hinunterstürzt. Ein Veloweg begleitet ihn durch eine einmalige urbane Kulisse in der alte Fabriken neben rauschenden Wasserfällen und Staubecken stehen. Der Fluss war die Wiege der Industrialisierung Norwegens. In den restaurierten Mühlen, Werkstätten und Kraftwerken sind heute Kaffees, Museen, Galerien und Schulen untergebracht. Man kann sich also Zeit nehmen und es dann wieder richtig sausen lassen. Aussergewöhnlich ist auch die Ankunft unten auf Meereshöhe, im Zentrum von Oslo, wo wir im Hauptbahnhof landen, dessen Gleise der Akerselva unterquert. Von da sind es nur ein paar Meter bis zur sehenswerten neuen Oper. Sie ist direkt am Meer gebaut, am Oslofjord, der jetzt rötlich im Abendlicht glitzert. Der schöne Trip am ersten Radeltag bildet den Einstieg in die Velotour, auf der wir den ganzen Oslofjord kennenlernen. Der grösste und vergleichsweise flache norwegischen Fjord dehnt sich von der Hauptstadt bis in den Skagerak aus. Hier geben die See, der Himmel, die Küsten, die Möwen und die Schiffe den Ton an.

An Höhepunkten fehlt es nicht. Neben viel Natur stehen Kultur und Geschichte auf dem Programm. So besuchen wir an einem reizvollen Abschnitt des Fjords das kleine Sommerhaus, in dem der bekannteste norwegische Maler, Edvard Munch, lebte, liebte und arbeitete. Geschützt hinter der Lera-Bucht auf der östlichen Seite des Fjords liegt Frederikstad. Wir erreichen das Zentrum mit einer Fähre von Strømstad her. Sie legt in der Nähe der Gamlebyen an, der Altstadt. Sie ist Nordeuropas bestbewahrte Festungsstadt und ein städtebauliches Juwel, das man gesehen haben muss: eine weitere Perle auf Tour, auf der neben dem Fahrrad auch das Schiff als Verkehrsmittel dient und für Abwechslung sorgt.


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