Mit Abstand die aktivsten Familienferien

Karin O. | 02.09.2020

Die Vorfreude war gross. Im Dezember 2019 buchten wir unsere Veloferien Passau – Wien bei Baumeler. Es sollten die ersten Veloferien mit unseren Kindern 8 und 10 Jahren sein. Dann kam Corona. Lange war ungewiss, ob wir die Reise antreten können. Und dann, nach langem Bangen, kam der Tag der Abreise. Die Freude mischte sich mit einem mulmigen Gefühl. Was erwartet uns? Was tun, wenn jemand von uns plötzlich erkrankt oder über einem Hotel eine Quarantäne verhängt wird?

In Passau angekommen, checken wir mit Schutzmaske in unser Hotel ein. Desinfektionsständer stehen bereit, die Verhaltensregeln entnehmen wir den Stellern und Plakaten. Die Mitarbeiterinnen an der Reception führen diverse Trackinglisten – von Hand. Sie wirken gestresst. Es sollte für die nächsten zwei Wochen das letzte Mal sein, dass wir uns in einem Hotel nicht willkommen fühlen. Für das Frühstück gibt es, coronabedingt, drei Zeitfenster. Da wir am Abend einchecken, bekommen wir nur noch Plätze für die Zeit von sieben bis acht Uhr. Wir nehmen es gelassen.
 
Den nächsten Tag verbringen wir in Passau. Am Nachmittag begeben wir uns zur Veloabgabestelle. Wir haben freie Wahl, können die Velos testen und vergleichen. Die Auswahl ist gross. Normalerweise sei die Velogarage um diese Zeit fast leer, sagt uns der Mitarbeiter des Donautouristik-Infopoints. Viele hätten ihre gebuchte Reise annulliert. Er ist sehr freundlich, stellt uns die Räder auf unsere Wünsche ein. Zurück im Hotel packen wir unsere Satteltaschen und gönnen uns ein herzhaftes bayrisches Nachtessen in einem Biergarten.  
 
Wir starten unsere Tour an einem frühen Sonntagmorgen bei Nieselregen. Mit 39 km ist die erste Etappe ein ideales Warm-up. Die Stimmung ist entspannt. Die Donau zeigt sich von der lieblichen Seite. Viele Kieselstrände laden zum Verweilen und «Schiefern» ein. Die Route führt entlang den Donauleiten «Passau – Jochenstein». Wegen der einmaligen Pflanzen- und Tierwelt sowie der herausragenden Schönheit und Einzigartigkeit ist das Gebiet seit 1986 geschützt. Beim «Haus am Strom», einer Umweltstation zum Thema Natur & Technik, gönnen wir uns eine ausgiebige Pause. Bereits am frühen Nachmittag erreichen wir unser Etappenziel Schlögen. Genug Zeit für eine Wanderung nach Haibach ob der Donau, um einen wunderbaren Blick auf die Flusskrümmung zu erhaschen und anschliessend im hoteleigenen Pool zu baden. Die Besucherzahl ist begrenzt. 
 
Am nächsten Tag regnet es wie aus Kübeln. Wir verabschieden uns an der Rezeption in Regenvollmontur. Zusammen mit den vorgeschriebenen Schutzmasken wirkt das ganze surreal. Wir lassen Schlögen hinter uns und radeln die nächsten 55 km entlang der Donau. Der starke Regen, die reifen Maisfelder, die satten grünen Wälder und Uferlandschaften verleihen der Strecke schon fast etwas Tropisches. Je tiefer die Pfützen, desto grösser die Begeisterung der Kinder. Am frühen Abend erreichen wir Linz. Kurz davor zeigt sich ein bisschen die Sonne und wir kommen deshalb trocken an.  
 
Den nächsten Tag beginnen wir mit einer Stadtbesichtigung und dem Besuch der k. u. k. Hofbäckerei. Nach dem Genuss einer leckeren Linzertorte machen wir uns auf den Weg nach Perg. Die Nachrichten berichten von steigendem Pegelstand der Donau. Die regionale Feuerwehr errichtet den Hochwasserschutz. In der Nacht übersteigt der Wasserpegel bei Grein den kritischen Stand von 10,5 m. Strassenabschnitte und ein Teil des Radweges werden überflutet. Nachdem wir den ersten Teil der Route problemlos zurücklegen, ist der Radweg ab Saxen gesperrt und wir weichen auf die Hauptstrasse aus. Die stark befahrene Hauptstrasse zieht sich in die Länge. Die Strecke erfordert von den Kindern höchste Konzentration. Die Nerven sind bei allen angespannt. Nach zehn Kilometern erreichen wir Grein. Wegen des Hochwassers vorerst Endstation. Während einer langen Mittagspause erholen wir uns von den Strapazen, spazieren durchs Städtchen und gönnen uns ein Eis. In der Zwischenzeit sinkt der Donaupegel, die Radroute wird gesäubert und wieder freigegeben. Glück gehabt. Nach langen, nassen 55 km erreichen wir am Abend Maria Taferl. Für die letzten steilen drei Kilometer verladen wir unsere Räder auf den Anhänger des Hotelshuttles und lassen uns chauffieren. Was für ein Tag!
 
Nach einem Ruhetag legen wir die längste Etappe und eine Schifffahrt auf der Donau zurück. Das Wetter ist auf unserer Seite. Wir radeln durch Apfelplantagen, Weinberge, machen einen Abstecher zum Stift Melk und erreichen am Abend Traismauer. Von Traismauer geht es weiter nach Tulln. Nach den Regentagen, zeigt sich nun wieder die Sonne, die Temperaturen klettern täglich immer weiter nach oben und erreichen über 30 Grad. Wir geniessen den Fahrtwind und die schönen Strecken entlang der schattigen Naturschutzgebiete. Unseren Durst löschen wir unterwegs in den ufernahen Radlerhöfen. In Tulln machen wir einen Abstecher in die GARTEN TULLN, Europas erster ökologischer Gartenschau. Ein lohnender Besuch für Pflanzen- und Gartenfreunde, denen nachhaltiges Gärtnern am Herzen liegt. 
 
Am frühen Morgen vor unserer letzten Etappe machen wir zur Abkühlung im idyllischen Seebad von Tulln halt und radeln dann die letzten 36 km in Richtung Wien. Vor Wien verpassen wir den Abzweiger nach Nussdorf und gelangen deshalb auf den weniger attraktiven Routenabschnitt neben der Autobahn. Die Sonne brennt und wir radeln für mehr Fahrtwind zügig dem Donauturm entgegen. Der Radverkehr und die Fussgänger nehmen zu. Strandbars säumen die Uferzone und plötzlich befinden wir uns mitten im Donaupark. Die heissen Temperaturen haben die Leute in Scharen ins Freie gelockt. Der Duft von gegrilltem Fleisch steigt uns in die Nase. Um uns herum wird gefeiert, musiziert. Wir schlängeln uns durch das Menschengewusel und erreichen am frühen Nachmittag unser Ziel: Wien Zentrum. Hier beenden wir unsere Tour und geben uns für die nächsten Tagen den kulinarischen Genüssen Österreichs und den Sehenswürdigkeiten von Wien hin.
 
Fazit der Tour: An das Tragen der Schutzmasken und Eintragen auf Tracking-Listen in Hotels, Restaurants und Museen hatten wir uns schnell gewöhnt. In den meisten Hotels wurden wir auf die örtlichen Corona-Schutzmassnahmen hingewiesen, da sie sich regional unterschieden. Wo eine Maskenpflicht herrschte, galt sie bereits für Kinder ab sechs Jahren. Trotz dieser Einschränkungen erwiesen sich diese Ferien als sehr erholsam und entspannt. Wir kamen in den Genuss einer Reise ohne Massentourismus: Kein Gedränge auf Fährschiffen, in Zügen und bei Sehenswürdigkeiten. 320 km in sechs Tagen mit den unterschiedlichsten Wetterlagen durch einzigartige Naturlandschaften haben die Familiengemeinschaft gestärkt und bleiben für uns alle unvergesslich.  
 
Die Route eignet sich hervorragend für Familien mit Kindern. Sie ist leicht zu fahren, mehrheitlich asphaltiert und beinhaltet kaum Steigung. Die Strecke besticht durch ihre wunderschönen Flussauen, die dank verschiedener Renaturierungsprojekte für eine ökologische Aufwertung der Bachlandschaften sorgen und zum Hochwasserschutz beitragen. Unsere Kinder hatten viel Spass und selbst das Fahren bei Regen hat die Laune, dank guter Bekleidung, nicht getrübt. Die Strecke lässt sich auch gut mit einem Veloanhänger (kann dazu gemietet werden) zurücklegen. In- und um Ballungsgebiete kann die Anzahl Radfahrer zunehmen und erfordert etwas mehr Wachsamkeit.

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