Meine Lieblingsreise - Cinque Terre

Barbara Frey | 14.06.2017

86Meine Lieblingsreise geht in den Westen! Für die meisten von Euch ist das in den Süden! Aber das spielt ja keine Rolle, denn das Wichtigste ist: losfahren und (viele) Stunden später ankommen. Das Schöne an einer Zugsreise ist doch auch, dass man die ganze Anreise lang Zeit hat, den Alltag hinter sich zu lassen. Und wenn man ankommt, können die Ferien beginnen.

 

Das erste, was einem auffällt, wenn man in Monterosso aus dem Zug steigt, ist der Geruch nach frittiertem Fisch oder wie man in Italien sagt: nach olio Fiat 500! Dann tritt man aus dem Bahnhof und hier liegt es vor einem: das unendliche Meer. Rechts umrahmt vom Monte Rosso mit Punta Mesco und links im Hintergrund vom Monte Nero und im Vordergrund kriegt man einen ersten Blick auf fast alle fünf (ausser Riomaggiore): auf die fünf Dörfer, le Cinque Terre, eins hinter dem andern, entlang der steil abfallenden Küstenwände auf einer Länge von knapp 9 km. Beeindruckend. Wirklich eindrücklich.

 

Nachdem man sich satt gesehen hat, spaziert man der Strandpromenade vom Dorfteil Fegina entlang, an der auch die wenigen, kleinen Läden liegen, die eigentlich nicht viel bieten; aber in den Ferien ist es trotzdem vergnüglich darin zu stöbern und zu sehen, was an Souvenirs und Eigenartigem angeboten wird. Und Wasser muss eingekauft werden, auch wenn das Hahnenwasser eigentlich Trinkwasser ist, aber es schmeckt halt ungewohnt nach Chlor. Man merkt sogleich, dass hier ein anderer Rhythmus herrscht: Der Kassier ist gerade in ein Gespräch mit einem Bekannten verwickelt, und man muss warten. Aber wenn man dann an der Reihe ist, schenkt er einem seine ganze Freundlichkeit und ist bemüht, alle Wünsche zu erfüllen. Verständigungsschwierigkeiten gibt es keine, irgendwie schlägt man sich in Ligurien immer durch.

 

Bevor man in die Strasse, wo das Hotel liegt, abzweigt, einen weiteren Blick zurück auf diese Dörfer, die scheinbar an den Steilhängen kleben und es wird einem klar, dass hier wirklich gute Wanderschuhe angebracht sind! Und in der Kurve steht il gigante, der Riese, vor einem: eine Neptun-Statue, die vor vielen Jahrzehnten eine Riesenmuschel auf ihrem Buckel trug, die als Terrasse der benachbarten Villa diente! Kurlig!

 

Jedes der fünf Dörfer hat seinen Reiz. Jede der sieben Wanderungen hat ihre Höhepunkte. Die schönste zu wählen, ist unmöglich, denn auf jeder Reise ist es eine andere, auch wenn es immer dieselben Wanderungen sind! Heute schreibe ich über diejenige von Corniglia nach Manarola:

 

Corniglia ist das einzige der Dörfer, das nicht direkt am Meer liegt, d.h. man muss sich das Bummeln in seinen verwinkelten Gassen und Gässchen verdienen: vom Bahnhof geht es über eine zick-zack-Treppe auf fast 100 m hoch. Belohnt wird man nicht nur mit einem etwas ruhigeren Dorfkern, sondern auch mit einer herrlichen Aussicht Richtung Norden bis nach Monterosso und seiner Punta Mesco und weiter bis Punta Manara und Portofino; im Süden bis Manarola und dem Monte Nero mit der Wallfahrtskirche von Riomaggiore: Madonna di Monte Nero und dem höher gelegenen Fernsehturm, unter dem die grosse Wanderung nach Portovenere durchführt. An klaren Tagen sieht man in der Ferne die Insel Elba, ansonsten reicht der Blick bis zum Horizont über diese riesige Meeresfläche, die in immer wieder wechselnden Blau- und Grüntönen erstrahlt, wie ein immenses Gemälde. Nach einem Rundgang durch Corniglia mit seinen schönen Handwerksboutiquen und dem obligaten, herrlichen Kaffee steigt man an der mittelalterlichen Kirche mit einem fein gearbeiteten, marmornen Rosenfenster aus dem 14. Jh. vorbei, Richtung Volastra auf, der Wallfahrtskirche von Manarola. Es geht durch die berühmten Weinberge, die der Mensch in unglaublicher Schwerstarbeit diesen steilen Hängen abgerungen hat. Hier lag das Hauptanbaugebiet des ligurischen Vernaccia. Ab und zu sieht man Arbeiter, die eingefallene Trockenmauern reparieren oder neue Terrassen anlegen. Wer sich verpflichtet, für 20 Jahre ein Stück Land zu bewirtschaften, erhält dieses in einer Art Pacht für wenig Geld, aber ein Geschenk ist es nicht, ein Honigschlecken noch viel weniger.

 

Die Pfade sind eng und man muss stillstehen, um den Blick schweifen zu lassen. Traumhafte Aussichten, Blumen und Blüten in verschiedenen Farben, Düfte und immer ein angenehmes Lüftchen.

 

In Volastra angekommen könnte man ein Sandwich kaufen, aber wir wollen ja geniesserisch unterwegs sein, also gehen wir zur Signora Bruna in ihr Lokal, das Arcobaleno, Regenbogen, heisst. Und genauso schmeckt das feine Essen, das sie auftischt: leckere, wohltuende Hausmannskost. Das Lokal ist klein und ein bisschen eng, aber die Herzlichkeit und der Humor des Personals machen, dass man länger als nötig sitzen bleibt.

 

Wohlgenährt geht’s anschliessend einen alten Säumerpfad mit vielen, vielen Treppenstufen nach dem verwunschenen, verschachtelten Manarola runter, einem „Malerort“ wie Riomaggiore, Und wenn man sich nicht bereits in Corniglia verliebt hat, dann verliebt man sich spätestens in Manarola!


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