Farbenspiel Kurische Nehrung

Marianne Peyer | 13.12.2016

«Man muss diese Gegend gesehen haben, wenn einem nicht ein Bild in der Seele fehlen soll», schrieb einst Wilhelm von Humboldt, Philosoph, Sprachforscher und Staatsmann. Holen Sie sich dieses Bild, kommen Sie mit nach Litauen, Lettland und Estland und lernen Sie diese Länder kennen, die lange von der Landkarte gestrichen waren.

Das Licht Nidas
Nida, direkt am Haff (seichte Meeresbucht) gelegen, galt als schönstes Dorf der gesamten UdSSR. Die niddener Farben rot und braun wie die Erde, weiss wie der Sand, gelb wie die Sonne und blau wie der Himmel schmücken noch heute die Fischerhäuschen mit ihren Stroh- und Schilfdächern, ihren Fischnetzen und Scheiterbeigen hinter dem Haus. Und erst die Gärten: eine Blumenpracht inmitten der Obstbäume und Gemüsebeete. Nida hat ein ganz besonderes Licht. Wenn über dem Haff morgens die Sonne aufsteigt, taucht sie die Gegend in ein mystisches Licht, in die zartesten blau und rosa Pastellfarben. Der leichte Wind zeichnet Wellenlinien ins Haff und animiert die Blätter der Lindenbäume zum Tanzen. Zauberhaft! Tagsüber lässt die Sonne die niddener Farben noch kräftiger wirken.

Abends ist wieder diese mystische einmalige Stimmung, wie ein Feuerwerk verabschiedet sich der Tag und lässt jede Müdigkeit vergessen.

Künstlerkolonie
Über hundert Maler der Königsberger Akademie, aus Berlin und Dresden waren von diesem Licht fasziniert und bildeten hier zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine Künstlerkolonie. Zu ihnen gehörte auch Lovis Corinth. Sein Grab befindet sich auf dem idyllischen Niddener Friedhof inmitten von zerzausten Kiefern. Später gesellten sich die «Brücke-Maler» Karl Schmidt-Rottluff, Max Pechstein, Oskar Mull und Ernst Mollenhauser dazu. Die deutschen Expressionisten waren vom flammenden Nordlicht ebenso fasziniert wie vom Haff. Im Sommer sahen sie Fata Morganas, im Winter fuhren sie mit dem Schlitten auf der Nehrung.

Das «Blode-Stipendium»
Der Gastronom Hermann Blode war ihr Mäzen und liess die Künstler bei sich wohnen. Er war eifriger Sammler und nahm ihre Bilder als Bezahlung gegen Kost und Logis. Heute befindet sich im ehemaligen Gasthof Blode eine kleine Ausstellung. Seine Enkelin Maja eröffnete die Ausstellung mit folgenden Worten: «Das alte Nidden gibt es nicht mehr, aber seine Künstlerkolonie lebt in der Kunstgeschichte weiter und ist dort am besten aufgehoben. Geblieben ist das Grab meines Grossvaters, das Licht über dem Haff und dem Meer, das Brausen der See und die Erinnerung in den Herzen der Menschen, denen dieses Land Heimat war.»


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